von Christina Law-McLean IBCLC
Das Thema Stillhütchen ist oftmals heißdiskutiert. Manche Mütter schwören darauf, andere halten gar nichts davon und Stillberaterinnen wie ich warnen vor Auswirkungen die der Gebrauch eines Stillhütchens langfristig haben können.
So war es auch eine Mutter in meiner Stillgruppe, die mich auf die Idee brachte hierzu einen Videostilltipp zu machen und einen Blogartikel hierzu zu schreiben, als sie sagte: „Ich wünschte, dass ich das mit den Stillhütchen alles früher gewusst hätte!“

ICH WÜNSCHTE ICH HÄTTE DAS FRÜHER GEWUSST

Was sie damit meinte: Ihr Baby hatte über einige Zeit deutlich zu wenig an Gewicht zugenommen. Natürlich macht man sich als Mutter deshalb Sorgen, gerade auch wenn man im Nachhinein hört, dass der langfristige Gebrauch eines Stillhütchens negativen Einfluss auf die Milchmenge haben kann.

Manchmal kommt man als stillende Mutter für den Moment am besten mit Stillhütchen zurecht. Man sollte es aber nie als Lösung des Stillproblems sehen, sondern vielmehr als vorübergehende Hilfestellung. Gute Beratung durch Stillberaterin oder Hebamme und stetiges Achten auf gutes Anlegen ist zusätzlich wichtig. Genauso wie das im Auge behalten von Milchmenge und Gewichtszunahme des Kindes.
Allein die Tatsache, dass man weis worauf man achten muss und dass man dadurch besonders auf gutes Anlegen und effektives ausreichendes Trinken achtet macht den Unterschied.

AUSNAHMEN BESTÄTIGEN DIE REGEL

Ja, es gibt auch die Mütter, welche praktisch ihre gesamte Stillzeit mit Stillhütchen gestillt haben und keinerlei Probleme mit Milchmenge, Milchtransfer und Gewichtsentwicklung des Kindes gehabt haben.
Nur, allein die Tatsache, dass dies grundsätzlich möglich ist, heißt nicht, dass es bei jedem Mutter-Kind-Paar so abläuft.
Viele der Frauen, die wegen mangelnder Gewichtszunahme und geringer Milchmenge in meine Sprechstunde kommen hatten in der frühen Stillzeit Probleme, welche sie mehr schlecht als recht mit einem Stillhütchen selbst versuchten in den Griff zu bekommen, ohne zu wissen, was dies für „Nebenwirkungen“ haben kann. Ohne gute Begleitung eines solchen Mutter-Kind-Paares ist das Risiko für weiterführende und sich verstärkende Probleme dann einfach recht groß.

EGAL OB STILLHÜTCHEN ODER NICHT: GUTE BETREUUNG UND BEGLEITUNG IST WICHTIG!

Gute Betreuung und Begleitung beim Stillen ist auf jeden Fall wichtig, egal ob ein Stillhütchen verwendet wird oder nicht, gerade wenn es noch nicht so rund läuft mit dem Stillen.
Neben der Unterstützung dabei, dass Deine Hebamme oder Stillberaterin mit auf das gute Anlegen, den Milchtransfer und die Gewichtsentwicklung achtet, hat sie vielleicht noch den ein oder anderen weiteren Tipp parat, der Dir besser bei Deinem Stillproblem helfen könnte, als die Verwendung eines Stillhütchens.

Und wenn es erst mal gar nicht anders geht?

Wie gesagt, manchmal ist das einfach so: Trotz guter Beratung und trotz dem Ausprobieren vieler anderer Alternativen funktioniert es bei manchen Mutter-Kind-Paaren zunächst einmal am besten mit Stillhütchen anzulegen.
Das ist vollkommen in Ordnung, wenn man dennoch stets auf gutes Anlegen, den Milchtransfer und die Gewichtsentwicklung achtet.
ABER meine Empfehlung ist es trotzdem, sich das Ziel zu setzen sobald es irgendwie möglich ist, zu versuchen das Stillhütchen wieder „abzugewöhnen“.

Warum werden Stillhütchen überhaupt eingesetzt?

Neben der Tatsache, dass Stillhütchen die oben beschriebenen „Nebenwirkungen“ haben können, habe ich noch ein weiteres Problem mit ihnen. In den meisten Fällen helfen Stillhütchen überhaupt nicht gegen das, weshalb sie eingesetzt werden:

  • Wunde Brustwarzen:
    Viele Mütter die wunde Brustwarzen haben wünschen sich eine Art Schutz für ihre Brustwarze wenn sie anlegen und verwenden deshalb ein Stillhütchen. Sie haben die Hoffnung, dass die Schicht zwischen dem Baby und der Brustwarze Entlastung bringt.
    In manchen Fällen mag das vielleicht so sein, aber bei sehr vielen meiner Patientinnen beobachte ich, dass die Verwendung eines Stillhütchens entweder keine Verbesserung darstellt oder sogar eher noch mehr Schmerzen verursacht, als ohne zu stillen. Denn manchmal ist der mechanische Reiz durch das Material und die Form des Hütchens unangenehmer als wenn das Baby einfach so trinkt.
    Dies kann noch verschlimmert werden, wenn das Stillhütchen nicht die richtige Größe für die Brustwarze hat oder allgemein von der Form her schlecht passt (unterschiedliche Hersteller haben unterschiedliche Passformen)
  • Das Baby hat Schwierigkeiten, die Brustwarze zu erfassen.
    Auch ein beliebter Grund für die Verwendung von Stillhütchen ist es, wenn Mutter und Baby es nicht schaffen, dass das Baby die Brustwarze gut erfassen kann. Gerade während des Milcheinschusses oder wenn die Mutter von Natur aus eher flache und wenig geformte Brustwarzen hat kommt dies vor.
    Das Problem hierbei (neben einer weniger effektiven Entleerung der Brust): Dadurch dass man dem Baby eine „vorgeformte Superbrustwarze“ anbietet, wird es für das Kind immer schwerer, zu lernen, wie es ohne diese aus der Brust seiner Mutter trinkt. Das heisst man löst das Problem nicht, sondern im besten Fall vertagt man es oder man verschlimmert es eventuell sogar.
  • Sonderfall- Brustwarze und Kind passen noch nicht zusammen.
    Diesen Fall kann man immer wieder bei noch recht zarten Neugeborenen oder bei Frühchen beobachten. Wenn das Baby und sein Mund sind noch recht klein sind und die Form der mütterlichen Brustwarze aber eher groß ist, kann es für den Übergang nötig sein, ein Stillhütchen zu verwenden um Mutter und Kind überhaupt ein „Stillerlebnis“ zu ermöglichen.
    Aber auch in diesem Fall sollte es vorübergehend sein und es verursacht manchmal die gleichen Probleme wie im vorigen Punkt.

Und wie werde ich ein Stillhütchen wieder los?

Zunächst einmal sollte die „Akutphase“ wegen der Du das Stillhütchen verwendet hast sich gebessert haben und Du solltest ein gutes „Bauchgefühl“ dabei haben, es ohne Stillhütchen zu versuchen.
Manche Kinder wechseln tatsächlich ohne größere Umstände wieder zurück zur Brust. Das ist manchmal der Fall, wenn das Stillhütchen verwendet wurde, weil die Mutter einen zusätzlichen Schutz wollte, das Baby aber grundsätzlich in der Lage war, die Brust gut zu erfassen. Schwieriger ist es meist in den Fällen, in denen das Stillhütchen verwendet wurde, weil das Baby die Brust eben nicht gut erfassen konnte, weil die Brustwarze sehr flach ist.

Geduld und Spucke- Schritt für Schritt abgewöhnen

Vorneweg: Bitte versuche niemals, das Stillhütchen abzugewöhnen indem Du zunehmend die Spitze abschneidest. Gerade bei den heutzutage verwendeten Silikonstillhütchen kann dies sehr scharfe Kanten und weiteres Einreißen des Materials  verursachen. Diese Praxis stammt aus der Zeit der dicken Kautschuk-Stillhütchen, bei denen dies zwar vielleicht weniger gefährlich, aber auch nicht wirklich sinnvoll war.

Um den Schritt zurück zum Stillen ohne Stillhütchen zu schaffen, braucht es meist etwas Geduld und manchmal muss man zwei Schritte nach vorne und immer wieder auch wieder einen Schritt zurück gehen.

Tipps zum Abgewöhnen des Stillhütchens

  • IMMER auf gutes Anlegen achten! (Wie gutes anlegen geht, kannst du hier nachlesen)
  • Erst mit Stillhütchen anlegen und dann, wenn die Milch gut läuft und das Baby zufrieden trinkt, das Stillhütchen „wegmogeln“ und ohne weiterstillen (Sog sanft mit dem kleinen Finger im Mundwinkel Deines Babys lösen, das Stillhütchen entfernen und rasch neu anlegen)
  • Bei den ersten Versuchen ganz ohne Stillhütchen anzulegen, gleich bei den ersten Hungerzeichen anlegen und nicht warten bist das Baby „ausser sich“ ist
  • Manchmal hilft auch eine Änderung der Situation, z.B. Anlegen im Umhergehen oder auf einem Pezzi-Ball sitzend oder in einem Anderen Raum ohne viel Ablenkung
  • Versuche, ob Du in einer anderen Stillposition besser zurechtkommst. Manchmal sind hier die „klassischen“ aufrechten Stillpositionen nicht sehr hilfreich. Vielleicht fällt es Deinem Baby einfacher, in einer zurückgelehnten Stillposition (Vgl.“Natural Breastfeeding – Nancy Mohrbacher“) seine angeborenen Reflexe zum guten Anlegen einzusetzen.
  • Ermögliche Deinem Baby vor dem Anlegen viel Haut-auf-Haut-Kontakt, auch das kann helfen, seine Reflexe zum guten Anlegen zu unterstützen
  • Habe etwas Geduld: Vielleicht funktioniert das alles nicht beim ersten, zweiten und auch viellicht auch nicht beim dritten Mal. Aber möglicherweise beim vierten oder fünften Mal siehst Du bereits kleine Erfolge
  • Wenn Du merkst, dass das Stillen ohne Stillhütchen in einer Position schon ganz gut klappt, lege dann ruhig erst mal immer in dieser Position an bis es sich stabilisiert und Du und dein Baby Sicherheit gewonnen habt.
  • Bei Babys welche mit Muttermilch oder künstlicher Nahrung zugeführt werden, füttere diese Milch nicht per Flasche, sondern an der Brust zu. So kann Dein Baby den Kontakt zur Brust aufbauen und behalten und lernt trotz Zufütterns, korrektes Saugen an der Brust (und ganz nebenbei wird Deine Brust zusätzlich stimuliert und zur Milchbildung angeregt)

Und: Hol Dir Hilfe und Unterstützung von Deiner Hebamme oder Stillberaterin, tausche Dich mit anderen Müttern in einer Stillgruppe aus und nochmal habe Geduld mit Deinem Baby und mit Dir selbst.

In diesem Sinne: Entspannt stillen!

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen