Von Christina Law-McLean IBCLC

Was für ein wunderbarer Vergleich: In einem englischsprachigen Elternmerkblatt im Journal of Human Lactation* wurde bereits vor Jahren ein Begriff für den Ablauf des Anlegens verwendet den ich einfach liebe: „The Dance of Latching“. Übersetzt bedeutet dies soviel wie „Der Tanz des Andockens“.

Die Parallelen zwischen dem Anlegen und dem Tanzen sind wirklich zu finden. Wie beim Tanzen müssen beim Anlegen zur Stillmahlzeit zwei Partner überein kommen. Dabei müssen sie sich aufeinander einlassen und das Timing muss stimmen. Auch muss man sich beim Tanzen wie beim Anlegen erst nach und nach kennenlernen und „üben“ oder etwas herumprobieren um irgendwann gut eingespielt zu sein. Man kann sich zusätzlich bei diesem Vergleich gut vorstellen, dass wenn man anfängt gemeinsam zu tanzen, man sich auch einfach immer wieder einmal gegenseitig auf die Füße tritt oder aus dem Takt kommt bis man sich nach einiger Zeit mit fast unsichtbarer Kommunikation quasi blind versteht.

Am Anfang tritt man sich vielleicht gegenseitig auf die Füße

Und diese Anfangsschwierigkeiten gibt es nicht weil man nicht zusammen passt, es gibt sie nicht weil man es „nicht kann“ und auch bestimmt nicht weil die eigene Mutter bereits nicht tanzen (stillen) konnte. Es gibt sie einfach und sie werden vorbeigehen. Am schnellsten mit guter Unterstützung, einer erfahrenen Tanzlehrerin, in diesem Fall einer Stillberaterin oder Hebamme und angespornt durch entspannte Mittänzer (Stillgruppe) und wohlwollendem Publikum (Familie/ Freunde).

Aber nach und nach klappt es immer besser. Ihr, Du und Dein Baby, werdet mit etwas Geduld immer harmonischer im gleichen Rhythmus tanzen/stillen und Euren Lieblingstanz, also Euren ganz persönlichen zu Euch passenden Weg finden.

Selbst wenn man sozusagen eine routinierte Tänzerin ist und bereits das erste oder auch sogar schon mehrere Kinder gestillt hat, kann es sein, dass man sich dennoch ganz neu orientieren muss.

Der Rhythmus liegt euch im Blut

Sowohl Baby als auch Mutter verfügen von Natur aus über eine Menge Fähigkeiten und Instinkte als beste Voraussetzung um sich als Paar beim „Anlegetanz“ bestens von ganz alleine zu verstehen und intuitiv anzulegen. Der Rhythmus liegt Euch also ein stückweit im Blut.

Manchmal kann es aber sein, dass Baby oder Mama oder sogar beide vom Ablauf der Geburt oder von Medikamenten noch so mitgenommen sind oder von ungünstigen Randbedingungen so beeinträchtigt sind, dass sie zunächst dennoch etwas mehr Unterstützung und Tipps brauchen, um zusammen zu finden.

Egal wie die Situation ist, in der ihr „gemeinsam Tanzen lernt“: Es hilft Deinem Baby und Dir sowohl bei den ersten Schritten des Anlegens als auch später noch, wenn Ihr Euch von den angeborenen Instinkten unterstützen lasst und nicht dagegen ankämpft. Denn klar kann man auch zu einem Walzer-Musikstück versuchen Cha-cha-cha zu tanzen, aber das ist ungleich schwerer.

EB_teaser_quer

6 Wochen Tanzkurs und dann?

Diese ersten Wochen und Tage sind tatsächlich manchmal viel holpriger als man es sich vorgestellt hat. In dieser Zeit des Ankommens muss sowohl Dein Baby sich quasi an das Leben außerhalb Deines Bauchs gewöhnen als auch Du Dich in der Rolle der Mutter zurechtfinden. Der Schritt von „ich habe mich gut vorbereitet“ zu „nun fühle ich mich für alles verantwortlich und fühle mich aber trotzdem manchmal so hilflos“ kann einem in den ersten Tagen und Wochen als Mutter/ Eltern echt zu schaffen machen. Aber: Es wird besser, versprochen! Nicht über Nacht, aber Schritt für Schritt.
Auch im „Fortgeschrittenen-Tanzkurs des Anlegens“ nach den ersten Wochen wird es immer wieder einmal noch Stolperer geben, aber über die tanzt Ihr dann nach und nach immer souveräner und ganz entspannt hinweg.

Grau ist alle Theorie

Wie beim Tanzen ist Stillen und richtiges Anlegen nicht ausschließlich theoretisch oder mit Trockenübungen „erlernbar“. ABER wenn Du verstehst, welche Dinge WARUM wichtig sind, fällt es Dir oft einfacher Probleme zu umgehen. Deshalb macht eine gute Vorbereitung auf jeden Fall Sinn. Eine Vorbereitung, die Dir Orientierung gibt, was auf Dich zukommt und Dir realistische Vorstellungen gibt, was auf Dich zukommt. Das macht es Dir einfacher, Dich entspannt auf diese erste Lernphase einzulassen weil Du weist, worauf Du achten solltest und auch was Du tun kannst wenn es zunächst nicht so läuft wie Du denkst, hoffst oder es Dir vorgestellt hast.
( Siehe auch: Onlinekurse>>>, Entspannt-stillen.de- YouTubeKanal>>>)

Tanzen lernt man durch tanzen

Am besten für Mama und Baby ist es auf jeden Fall, wenn beide erfahrene Unterstützung und Begleitung beim ersten Anlegen und den Anfängen der Stillzeit haben. Denn noch besser als gute theoretische Stilltipps allein ist es für Dich, wenn Du ein paar mal gefühlt und erlebt hast, wie Dein Baby gut und effektiv an der Brust getrunken hat. Dann fällt es Dir bei den folgenden Stillmahlzeiten leichter, nicht nur zu wissen was Du beachten solltest, sondern auch zu wissen, wie es sich anfühlt. So wirst Du schritt für Schritt dazu übergehen, sozusagen „den Kopf auszuschalten“ und einfach routiniert anzulegen. Eine erfahrene Stillbegleitung ist besonders dann wichtig, wenn der Stillstart durch Randbedingungen wie z.B. eine anstrengende kraftraubende Geburt oder Vorerkrankungen erschwert wird oder wenn es im Verlauf zu Situationen kommt bei denen Du Dir einfach nicht sicher bist, was Du am besten tun solltest.

Vergleich Dich nicht mit anderen Tänzern

Was Du nicht machen solltest ist, Dich frustriert mit einem vermeintlich perfekt eingespielten „Tanzpaar“ vergleichen also beispielsweise Deiner souverän wirkenden Freundin mit ihrem 5 Monate alten scheinbar immer zufriedenen Stillkind. Den erstens, sollte man bekanntlich Äpfel nicht mit Birnen vergleichen und zweitens weist Du nie, wie es hinter den Kulissen aussieht oder welchen Weg diese beiden vielleicht bereits hinter sich haben.
Zusätzlich sind die Definitionen von dem was erzählt wird unter umständen nicht die gleichen: Wenn Deine Rückbildungskurs-Nachbarin freudig antwortet „klar, mein Baby schläft durch!“ und Du Dir überlegst wie sie das macht mit einem 9 Wochen alten Baby? So ist die Antwort vielleicht ganz einfach in einer unterschiedlichen Sichtweise zu finden wenn sie weiter ausführt: „Mein Baby stillt natürlich schon 3-4 mal in der Nacht, aber wir machen das so im Halbschlaf und ansonsten schläft es“

Aber ich will mich „perfekt vorbereiten“!

Man kann ehrlichgesagt vorab noch so viele Bücher lesen und Kurse machen, aber eine Unbekannte bleibt: Man kennt seinen Tanzpartner noch gar nicht. Auch beim Stillen sind Babys ganz individuelle Charaktere, die sehr unterschiedlich an die Sache herangehen. Aber wenn Du gut vorbereitet bist und ein gutes Netzwerk hast, fällt es Dir umso leichter, auf Deinen –bis dahin noch unbekannten- Tanzpartner einzugehen und Du kannst Dich entspannt darauf einlassen ihn (oder sie) kennen zu lernen.

Und je besser Ihr Euch kennenlernt, umso mehr rockt ihr!

Zusätzlich unterstützt Dich, dass Dein Baby nach ein paar Wochen nicht nur bereits gewachsen ist, sondern auch selbst routinierter geworden ist und quasi von sich aus etwas mehr als rein durch seine Instinkte „mithilft“ die Brust gut zu erfassen.

Das heißt –um mit dem Vergleich des Tanzens zu sprechen- schon bald rockt Ihr, Du und Dein Baby!

In diesem Sinne: Entspannt stillen!

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen