Von Christina Law-McLean IBCLC

stillkissen_REGAL_swDie klare Antwort „JEIN“! Nun gut so klar war das nicht, aber ich erläutere hier, wie Du herausfinden kannst, ob die Unterstützung durch ein Stillkissen bei Dir hilfreich wäre oder ob Du besser einem Sofakissen oder sogar am besten ohne Stillkissen zurechtkommst, z.B. auch in der Art des sogenannten Natural Breastfeeding. Denn wie bei ganz vielen Dingen rund ums Stillen ist das mal wieder eine Sache, bei der es „darauf ankommt“. Es ist auch etwas, das man am besten durch Ausprobieren entscheiden kann. Dieses Ausprobieren sollte idealerweise mit erfahrener Unterstützung geschehen.

Nicht überall wo „Stillkissen“ draufsteht, ist auch Stillkissen drin

stillkissen_swBei dem Begriff „Stillkissen“, denken die Meisten gleich an die U-förmigen meist mit Styroporkügelchen gefüllten Lagerungskissen, die es inzwischen von vielen Firmen und in den unterschiedlichsten Bezugdesigns gibt. Je nachdem, wie diese Kissen gefüllt sind, ist es aber meistens gar nicht so einfach, das Baby darauf zum Stillen stabil zu lagern, da diese Kissen mitunter leicht wegrutschen. Ehrlich gesagt beobachte ich es sogar sehr häufig, dass die Babys zwischen diesem Stillkissen und der Mutter herunterrutschen. Aber weil dieses Ding nunmal unter der Bezeichnung „Stillkissen“ verkauft wird, nehmen viele Frauen an, dass sie damit bestens ausgerüstet sind. Und das ist der Trugschluss! Diese Kissen sind eigentlich als Lagerungskissen entwickelt worden. Gerade zum Ende der Schwangerschaft hin, nutzen viele werdende Mütter diese Kissen gerne, um bequem auf der Seite zu liegen. Auch ein schlafendes Baby kann man in ein „Nestchen“ aus solch einem Kissen legen. Aber zur sinnvollen Unterstützung beim Stillen sind sie eher nicht so gut geeignet. Es gibt Alternativen, die den Namen „Stillkissen“ auch wirklich verdienen, denn sie sind fest und lassen sich rutschsicher fixieren, z.B. das „My Brest Friend“ Stillkissen.
Mit einem mittelgroßen formbaren aber nicht zu weichen Kopfkissen oder Sofakissen kann man seinen Arm auch ganz gut abstützen. Gerade in Kombination mit beispielsweise der Armlehne eines Sessels oder Sofas reicht das oft aus.

Ein Stillkissen soll die Stabilität der Stillposition unterstützen

Eine Empfehlung zur Position beim Anlegen ist: Das Kind soll zur Brust (und nicht umgekehrt) UND die Mutter sollte ihr Baby nicht aktiv halten müssen. 
Und warum? Nun, eine instabile Stillposition, bei der das Baby beispielsweise immer nach unten rutscht kann zum einen die Entstehung wunder Brustwarzen begünstigen oder auslösen, denn wenn das Baby wegrutscht und die Brustwarze dabei nicht loslässt, ist automatisch mehr „Zug“ auf der Brustwarze. Zusätzlich gelingt es dem Baby dann nicht mehr so einfach, viel Brustgewebe in den Mund zu nehmen und saugt vielleicht nur noch an der Spitze der Brustwarze. Dies kann zu Schmerzen und Verletzungen führen und außerdem dazu, dass die Brust nicht so effektiv entleert werden kann.

Instabilität verursacht Schmerzen und Verletzungen

Zum anderen versucht eine Mutter der das Baby beim Stillen immer wegrutscht meist, dies dadurch zu kompensieren, indem sie ihr Kind aktiv mit ihren Armen hält, also das Gewicht des Babys trägt. Dies wiederum kann zu schmerzhaften Verspannungen mit all ihren Folgen führen.
Das heißt, wir wollen bequeme Stabilität! Wie diese aber erreicht wird, ob dadurch, dass die Mutter selbst eine gute Position findet in der ihr Baby bequem und ohne Kraftaufwand abstützen kann oder ob sie das mit Hilfe eines Sofakissens oder eben doch besser mit Hilfe eines Stillkissens am besten schafft, ist egal. Wichtig ist, dass die Mutter eine stabile, bequeme, entspannte und gute Position einnehmen kann, egal ob ohne Hilfsmittel oder mit Sofakissen oder speziellem Stillkissen.

Unterstützung gerade am Anfang

Gerade bei Müttern, die ihr erstes Baby bekommen haben, beobachte ich oft, dass sie einfach eine Weile benötigen, bis sie sich und ihr Baby  in einer angenehmen Position „sortiert“ haben. Das ist vollkommen normal und absolut verständlich, denn alles ist noch neu und ungewohnt. „So jetzt hätte ich am liebsten noch zwei zusätzliche Hände um das alles hinzubekommen!“, ist etwas das Mütter bei den ersten Anlegeversuchen häufig denken oder äußern. Auch das ist ganz normal. Vor allem, wenn man als unerfahrene Mutter versucht „alles richtig“ zu machen und den ganzen Tipps und Anweisungen der Hebamme oder der Wochenbettschwester zu folgen. Dabei kann einem nämlich rasch die Intuition und die Ruhe abhanden kommen, man verkrampft und vor lauter Bäumen (Tipps) sieht man den Wald nicht mehr. Das wäre dann eine Situation, in der es manchem Frauen helfen kann, eine sichere Unterstützung durch ein gut sitzendes Stillkissen (z.B.My Brest Friend) oder ein normales festes Kissen in passender Größe zu haben.
Denn so ist das Baby bereits in einer guten Position und die Mutter kann sich auf das Handling des Anlegens besser konzentrieren.

Intuitives Anlegen statt Stillkissen?

Ein Ansatz, der eine wunderbare Alternative zum „aufrechten Kampf mit der Schwerkraft“ ist, ist das sogenannte „Natural Breastfeeding“ oder auch intuitives Anlegen genannt. Hierbei werden die natürlichen, dem Baby angeborenen Instinkte und Reflexe zum Anlegen genutzt sowie auf ein Stillkissen verzichtet.
Ein gesundes termingeborenes Neugeborenes hat die Fähigkeit, in Bauchlage auf dem Oberkörper der Mutter liegend die Brust selbst zu finden und sich quasi selbst anzulegen, wenn man es lässt. Dies wird oft direkt nach der Geburt bereits im Kreißsaal praktiziert. (Es gibt hierzu auch wunderschöne Videos, z.B auf YouTube) Man kann beobachten, wie das Baby sich mit dem Füßen geradezu abstößt und in kleinen Bewegungen in Richtung Brust „robbt“. Außerdem hebt es immer wieder den Kopf und sucht so die Brustwarze. Dabei helfen ihm nicht nur diese Reflexe, die es nutzt, sondern auch die dunklere Farbe der Brustwarze und der einzigartige Duft den diese verströmt.
Unter anderem die Hebamme Dr. Suzanne Colton aber auch Kolleginnen Nancy Mohrbacher beschrieben diese Art ein Baby anzulegen auch über diese Kreißsaalsituation hinaus. Die Mutter lehnt sich zum Anlegen weit nach hinten in einer Art „Liegestuhlposition“ und das Baby liegt bäuchlings in unterschiedlichen Ausrichtungen auf ihrem Oberkörper und legt sich sozusagen selbst an. Die natürlichen Reflexe des Babys führen hierbei zu einem interessiertem, aktiven Verhalten und verbessern die Mund-Öffnung. Es ist oft so, dass die Kinder weniger mit dem Kiefer kneifen und das Trinken weniger schmerzhaft sein kann. Auch kann es durch das Nutzen der Kindlichen Reflexpunkte eine wirkungsvolle Maßnahme sein, ein sehr unruhiges Kind entspannter an die Brust zu bekommen. Auch meine IBCLC Kollegin Nancy Mohrbacher aus den USA hat hierzu einiges veröffentlicht, z.B. Videos, die zeigen wie das „Natural Breastfeeding“ in der Praxis aussehen kann

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Als ausschließliche und überall nutzbare Alternative zum Anlegen in einer der  aufrechten oder liegenden Stillpositionen würde ich es zwar nicht einstufen. Es ist eine wertvolle Möglichkeit gerade in den ersten Tagen und Wochen, die  viele Vorteile haben kann.
Es gibt Mutter-Kind-Paare, denen diese Art des Anlegen gerade auch in besonderen Situationen sehr angenehm ist und eine große Hilfe sein kann. Hier habe ich zum Beispiel bei Kindern mit zögerlicher Mundöffnung und daraus folgenden wunden Brustwarzen der Mutter gute Erfahrungen mit meinen Patientinnen gemacht.

Auf der anderen Seite können manche Mütter sich das intuitive Anlegen für ihren Alltag nicht so gut vorstellen oder fühlen sich nicht in jeder Situation wohl damit, auch das ist in Ordnung.

Also nun Stillkissen oder kein Stillkissen?

Wenn Du Dich beim Stillstart mit „normalen“ Kissen (Sofakissen, Kopfkissen) vielleicht auch in Verbindung mit der Armlehne eines Sessels oder Sofas nicht sicher und wohl genug fühlst, empfehle ich ganz klar ein gutes „echtes“ Stillkissen wie z.B. das „My Brest Friend Kissen“. Von den U-förmigen „Styroporkügelchenkissen“ rate ich jedoch eher ab.
Auch wenn in der weiteren Stillzeit das Einnehmen einer stabilen Stillposition weiterhin schwierig ist, oder wenn Probleme wie wunde Brustwarzen bestehen, kann es eine große Hilfe sein, ein „richtiges“ Stillkissen zu nutzen. Erst recht natürlich in besonderen Konstellationen wie beim gleichzeitigen Stillen von Zwillingen.

Immer wieder ohne Stillkissen stillen

Dennoch ist es ratsam, wenn Du auch immer wieder ausprobierst, ohne Stillkissen anzulegen. Denn z.B. Unterwegs hat man normalerweise keines dabei.

Hilfreich ist es zusätzlich, wenn man bei einer aufrechten Stillposition, egal ob mit oder ohne Kissen, einen oder auch beide Füße leicht erhöht stellen kann, z.B auf einen kleinen Schemel. 
Für Unterwegs kannst Du Dir auch ein provisorisches Kissen machen, indem Du beispielsweise eine Jacke oder einen Pullover zu einer Rolle aufrollst bzw. zusammenfaltest.

Übrigens: Egal welche Form das Kissen hat, welches man zum Abstützen nimmt, es sollte aus hygienischen Gründen auf jeden Fall zumindest einen waschbaren Bezug haben.

In diesem Sinne: Entspannt stillen!

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