Von Christina Law-McLean IBCLC

brustumarmen_wpEine der häufigsten Sorgen stillender Mütter ist: „Habe ich genug Milch?“ Und vielleicht vermutest auch Du bei Deinem unruhigen Baby, dass die Muttermilch nicht ausreicht?
Unterstützt werden diese Zweifel oft durch unbedachte oder unpassende Bemerkungen von Verwandten oder Freunden. Und eine beim Kinderarzt oder durch die Hebamme tatsächlich diagnostizierte zögerliche oder mangelnde Gewichtszunahme ist erst recht ein Anlass zu dem Mütter die eigene Stillfähigkeit in Frage stellen. Aber nicht immer ist zu wenig Milch der Grund für Unruhe oder eine auffällige Gewichtsentwicklung.
Bevor Du frustriert aufgibst und beispielsweise vorschnell zur Flasche greifst weil Du befürchtest, zu wenig Milch zu haben, gehe so vor:

Habe ich tatsächlich zu wenig Milch?

Diese Frage ist gar nicht so banal wie sie sich vielleicht zunächst anhört.
Warum vermutest du, dass Du zu wenig Milch hast? Ist es weil Dein Baby oft trinken möchte oder längere unruhige Phasen hat? Wenn das der Fall ist, bitte Deine Hebamme oder Stillberaterin, Dir zu helfen, die allgemeine Situation und vor allem das Gewicht und die Ausscheidungen Deines Babys zu beurteilen. Am Gewicht und an den Ausscheidungen, z.B. dem 24h Windelgewicht des Babys kannst Du sehen, ob Dein Baby tatsächlich zu wenig Milch erhält. Eine professionelle Stillberaterin kann Dir hierbei anschaulich zeigen, wie sich der Gewichtsverlauf entwickelt. Möglicherweise ist das von Dir als häufig empfundene Stillen ganz normales „Clusterfeeding“. Wenn Dein Baby allerdings wirklich nur langsam oder zu wenig zunimmt und wenig Flüssigkeit ausscheidet, kannst Du davon ausgehen, dass es zu wenig Milch zu sich nimmt.
Dies allerdings ist nicht notwendigerweise ein Zeichen dafür, dass Du nicht genug Milch hast. Es kann auch bedeuten, dass Dein Baby es (noch) nicht effektiv genug schafft die Milch aus Deiner Brust zu trinken und die Brust zu entleeren. Um herauszufinden ob das der Fall ist, musst Du Dein Baby und die Zeichen für den sogenannten „Milchtransfer“ gut beobachten. Auch hier kann es eine große Hilfe sein, wenn Deine Stillberaterin oder Hebamme Dir hilft, diese Zeichen zu lesen.

Was sagt der Profi?

Das heißt: Wenn Du vermutest zu wenig Milch zu haben oder vermutest, dass Dein Baby Deine Brust nicht genügend entleert macht es Sinn, sich professionelle Hilfe zu holen. Es macht deshalb Sinn, weil es sehr wichtig ist falls ein echter Milchmangel vorliegt oder das Baby nicht effektiv die Brust entleert, den Grund dafür zu finden (organische Gründe sind übrigens sehr selten!). Das macht es leichter das Problem zu lösen.
Zusätzlich kann eine professionelle Stillberaterin oder Hebamme Dir helfen, den Gewichtsverlauf zu beobachten und einzuschätzen. Sie kann auch einschätzen, inwieweit Randbedingungen und Eure Vorgeschichte bzw. bisherige Stillgeschichte einen Einfluss auf den Verlauf und auf Deine Milchmenge haben kann. Auch anatomische Gegebenheiten werden von der Stillberaterin kontrolliert wie z.B. ein straffes Zungenbändchen oder ungünstige Brustwarzenform.

Ganz allgemein lohnt es sich aber auch immer, auf die Grundlagen zu achten. Hier kannst Du oft mit kleinen Details bereits viel erreichen.

Stimmen die Grundlagen? Einfache Änderungen mit oft großem Effekt

Der bereits erwähnte sogenannte Milchtransfer kann nur gut funktionieren, wenn Dein Baby auch gut angelegt ist. Nur so kann es Deine Milch effektiv aus der Brust entleeren und dadurch Deine Brust optimal zur Milchbildung stimulieren.
„Gut angelegt“ heißt, dass Dein Baby so viel Deiner Brust wie möglich erfasst und ausdauernd saugt. Die Lippen Deines Babys sollten nach außen gestülpt sein, es sollte runde „Pausbäckchen“ machen und sein Kinn sollte sich bei den Saugzügen mit „Nachdruck“ rhythmisch nach unten bewegen. Mit etwas Übung kannst Du auch das Schlucken Deines Babys hören. Das Saugen soll aber nicht weh tun.

Überprüfe auch Deine Stillposition. Ihr solltet es beide bequem haben. Dein Baby soll Dir ganz zugewandt sein und seinen Kopf nicht abknicken müssen. Es sollte immer zur Brust gebracht werden und nicht umgekehrt. Außerdem solltest Du Dein Baby nicht aktiv halten müssen (das gibt zusätzlich Verspannungen). Das kannst Du erreichen, indem Du entweder ein geeignetes Stillkissen oder etwas zum abstützen verwendest, oder indem Du eine eher nach hinten gelehnte natürliche Stillposition einnimmst. Wenn Du bei diesem Punkt unsicher bist, ist auch hier eine Stillberaterin oder Hebamme eine gute Unterstützung dabei, eine wirklich bequeme und hilfreiche Stillposition zu finden.

Stille ich häufig und gründlich genug?

Wie oft stillst Du in 24 Stunden? Manchmal kann man das gar nicht so genau sagen. Hier hilft es, zwischendurch immer wieder einmal für 24 Stunden ein Stilltagebuch zu führen. Kurze Notizen mit Uhrzeit und ob Du beidseits oder nur an einer Seite angelegt hast und wie lange in etwa genügen vollkommen um einen Eindruck zu gewinnen. Dieses Stilltagebuch hilft Dir auch, der Stillberaterin genau zu beschreiben, wie Deine aktuelle Stillsituation ist Denn „mein Baby trinkt oft“ bedeutet für jeden etwas anderes.
Stille Dein Baby mindestens 8-12mal in 24 Stunden für pro Seite jeweils mindestens 10 bis ev. 15 Minuten. Wenn Dein Baby an einer Seite bereits früher kein Interesse mehr hat, wechsle die Seite sogar mehrfach. Das heißt nicht nur erst die eine, dann die andere Seite Stillen. Sondern nachdem Du die zweite Seite gestillt hast, lass Dein Baby nochmals an der ersten und ev. sogar auch nochmal an der zweiten Seite trinken (ev sogar in einer anderen Stillposition), für insgesamt zusammen mindestens 20 bis ev. 30 Minuten. Man nennt dies Wechselstillen.
So kann Dein Baby Deine Brust gut entleeren und bekommt mehr von der fettreichen Hintermilch. Aber mache keine „Marathon-Still-Einheit“ von einer Stunde am Stück oder ähnliches. Falls Dein Baby noch unzufrieden scheint, mache besser mehrere Stillmahlzeiten oder Wechselstillmahlzeiten unterbrochen durch eine kleine Pause nacheinander.

Wenn es für Dich vom Handling her machbar ist und es Dir angenehm ist, kannst Du Dein Baby auch mit der sogenannten Brustkompression unterstützen, mehr Milch aus Deiner Brust zu entleeren. Hierbei umfasst Du die Brust aus der Dein Baby trinkt mit der Hand und übst sanft(!!!) Druck darauf aus, so dass mehr Milch auf einmal herauskommt.

Vor dem Anlegen kannst Du den Milchfluss zusätzlich bereits durch eine Brustmassage oder durch feucht-warme Auflagen fördern. Achte auch immer darauf, dass Du beim stillen oder pumpen einen warmen Rücken hast, denn auch das unterstützt den Milchfluss.

Babyhoneymoon 2.0- Die Seelen streicheln und zusammenfinden

Was Müttern und Babys in solchen Situationen meiner Erfahrung nach auch sehr gut tut, ist 1-2 Tage nochmal „Babyhoneymoon“ machen: Das heißt, sich mit dem Baby eine Auszeit nehmen, die meiste Zeit ab besten Haut-auf-Haut kuschelnd zusammen im Bett verbringen. Häufig und ausgiebig stillen und sich gegenseitig genießen.

Mama-Kind-Paaren, die eine eher traumatische Geburt hatten oder die das Gefühl haben, dass ihnen das Geburtserlebnis „fehlt“ kann in diesem Zusammenhang auch ein Ritual wie das „Bonding-Bad“ sehr gut tun um noch besser zusammenzufinden.

Zusätzlich pumpen

Bild_doppelpump_SWWenn diese Maßnahmen nicht ausreichen kann es empfehlenswert sein, wenn Du zur Steigerung der Milchmenge zusätzlich Muttermilch per Hand gewinnst oder abpumpst. Zum einen kannst Du nach oder zwischen jeder Stillmahlzeit ausstreichen und/oder pumpen, oder Du kannst die Milchbildung durch punktuelles sogenanntes „Powerpumpen“ 1-2 mal täglich unterstützen.

Ein „Powerpumpzyklus“ kann 1-2x täglich zusätzlich zum normalen Stillen oder Pumpen durchgeführt werden. Pumpe doppelseitig je ca. 5 –10 Minuten ab (oder bis die Milch nicht mehr durch den ersten Milchspendereflex aus der Brust spritzt) Dann mach etwa 10 Minuten Pause

Dies wiederholst Du wieder und wieder für zusammen ca. 60 Minuten.
Behalte dabei Deine Brustwarzen in Auge! Powerpumpen soll nicht unangenehm sein. Die Pumpe muss gut passen und richtig angesetzt sein.

Wenn Zufüttern nicht zu umgehen ist

Ist es aufgrund der Gewichtsentwicklung notwendig zuzufüttern versuche, dies „stillerhaltend“ zu tun. Und achte auf jeden fall darauf, deine Brust parallel ausreichend zu stimulieren, z.B. durch Entleeren von Hand oder durch zusätzliches abpumpen.

Ganz egal ob Du Deine eigene abgepumpte oder per Hand gewonnene Muttermilch zufütterst oder ob es erforderlich ist, künstliche Nahrung zuzufüttern, gibt es Methoden, die es Dir und Deinem Baby erleichtern, Eure Stillbeziehung beizubehalten.

Kleine Mengen –beispielsweise per Hand gewonnener Muttermilch- können mit einem Löffel oder Becher gegeben werden.

Wenn die Mengen etwas größer sind und es über mehrere Tage zugefüttert werden soll, ist es eine Zufütterung an der Brust eine sehr gut Lösung. Durch diese Methode behält das Baby den Kontakt zur Brust, saugt weiterhin an der gewohnten Stelle und Deine Brust und deren Milchbildung wird gleichzeitig angeregt. Du und Dein Baby haben trotz Zufüttern ein „Stillerlebnis“.

zufütternanderbustAn der Brust kann entweder mit einem Sondenschläuchlein und Spritze (Still-Unterstützungs-set) oder mit dem Brusternährungsset zugefüttert werden. Die Technik lässt Du Dir am Besten von einer Stillberaterin oder Hebamme die mit dieser Methode vertraut ist erklären und zeigen. Und auch wenn Du mit der Flasche zufütterst, gibt es Möglichkeiten, dies auf Stillkinder angepasst zu tun.

Wichtig ist auf jeden Fall eine kompetente Begleitung durch eine qualifizierte Stillberaterin oder durch eine engagierte Hebamme. Denn parallel zu allen milchsteigernden Maßnahmen (die sie Dir ausführlich erklären kann) gilt es auch, das Gewicht Deines Babys im Auge zu behalten.

In diesem Sinne „entspannt stillen“

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