Von Christina Law-Mclean IBCLC

Die meisten Mütter sind sich gar nicht bewusst, wie sehr sie in den ganz normalen aufrechten Stillpositionen mit der Schwerkraft kämpfen und welche Stillprobleme dadurch verursacht oder verstärkt werden können.
Deshalb sind normalerweise die Suchbegriffe wegen denen stillende Mütter auf meine Seite kommen eher Clusterfeeding, wunde Brustwarzen oder Hungerzeichen und der „Kampf mit der Schwerkraft“ war bisher noch nie dabei.

Aber vor Allem frischgebackene Mütter und deren neugeborene Babys machen sich mit ungeeigneten Stillpositionen manchmal das Still-Leben schwer. Sobald Mutter und Kind in ihrer Stillbeziehung eingespielt sind, ist dieser „Kampf“ oft gar nicht mehr so gravierend. Nicht nur weil beide routinierter geworden sind, sondern unter anderem auch weil das Baby inzwischen seinen Kopf bereits besser halten kann. In den ersten Tagen ist es diesbezüglich noch viel hilfloser, denn es hat einen proportional sehr großen Kopf und eine noch vergleichsweise schwache Muskulatur.

Anlaufschwierigkeiten bei Mama und Baby

Aber in den ersten Tagen und Wochen, wenn Mama und Baby noch nicht so ein eingespieltes Team sind und wenn aufrecht Sitzen vielen frischentbundenen Müttern noch richtig schwerfällt, sind die Folgen des „Kampfs mit der Schwerkraft“ oft deutlich zu spüren: Zum Beispiel in Form von wunden Brustwarzen und Verspannungen bei der Mutter. Zusätzlich ist es gar nicht so einfach kerzengerade aber dennoch locker und entspannt da zu sitzen, erst recht nicht mit einer Geburtsverletzung oder auch einer Kaiserschnittnarbe.
Beim Baby sind die Zeichen subtiler. Die aufrechten klassischen Stillpositionen haben bei Neugeborenen manchmal zu Folge, dass diese ihre angeborenen Instinkte und Reflexe nicht so gut zeigen oder beim Anlegen nutzen können. So fällt es einigen Babys in den ersten Tagen und Wochen in den aufrechten Stillpositionen schwerer, den Mund richtig weit zu öffnen oder sie werden in diesen Haltungen zunehmend unruhig und scheinen gegen die Brust anzukämpfen und mit ihren Ärmchen zu rudern. Das bringt viele Frauen dazu, den Wunsch „nach zusätzlichen Händen“ zu äußern weil sie damit überfordert sind. Außerdem beobachte ich auch häufig bei Müttern die in den ersten Tagen in aufrechten Stillpositionen stillen, dass deren Baby langsam aber sicher (der Scherkraft folgend) nach unten wegrutscht. Das wiederum kann unangenehme Schmerzen an der Brustwarze verursachen oder verschlimmern.

Viele Begriffe für die gleiche Idee

ILLU_NB3iNatural Breastfeeding, Biological Nurturing, Laid back Breastfeeding/Zurückgelehntes Anlegen oder Intuitives Anlegen. All diese etwas sperrigen Begriffe beschreiben im Prinzip die gleiche Idee: Anlegen in einer nach hinten gelehnten Position der Mutter in der sie es sich ganz entspannt gemütlich gemacht hat und das Baby sozusagen eher auf der Mutter liegt anstatt vor bzw. neben ihr.

„Gut, das hört sich ganz kuschelig an, aber wie hilft mir das beim Anlegen?“ magst Du Dich nun fragen. Um Dir zu erklären warum sich hinter den umständlichen Namen etwas eigentlich gar nicht so kompliziertes und vor allem auch etwas sehr Praktisches verbirgt, muss ich ein klein wenig ausholen.

Zurück auf Anfang

Wenn ein Baby geboren wird und auf die Brust der Mutter gelegt wird, zeigt es natürliche Instinkte, die Brustwarze zu finden um so seine erste Stillmahlzeit zu bekommen. Mann nennt dies auch „Breastcrawl“. Dadurch dass es bäuchlings auf dem Oberkörper der Mutter liegt, werden beim Baby Reflexe ausgelöst. Die sensiblen Punkte beim Baby sind hierbei dessen „Vorderseite“, also Brust, bauch und Vorderseite der Hüfte, die Innenseite der Knie sowie die Füße/Fußsohlen. Werden diese Reflexpunkte aktiviert, kann das Baby sozusagen auf seinen „inneren Bauplan“ zurückgreifen und zeigt und folgt den bereits erwähnten Instinkten um an die Brust zu finden, seinen Mund suchend weit aufzusperren und die Brust gut zu erfassen.
Es gibt sogar Babys, die regelrecht unsicher werden, wenn es sich bei einer Stillmahlzeit in einer aufrechten Position ergibt, dass es eben nur wenig „Bauch-an-Bauch“ Kontakt zustande kommt. Manchen dieser Babys fehlt dann die Orientierung, sie sind verwirrt was sie gerade tun sollen und werden dadurch häufig sehr unruhig.
Eine Möglichkeit, dem zu begegnen wäre hier, die aufrechte Position so anzupassen, dass das Baby Bauch-an-Bauch mit der Mutter liegt. Eine andere –bessere- Möglichkeit wäre es, die Mutter zu begleiten, eine nach hinten gelehntere Stillposition einzunehmen.

Dr. Theresa Nesbitt vergleicht junge Neugeborene die diese Verhaltensweise zeigen mit Schildkröten: Wenn sie auf der Seite oder auf dem Rücken liegen (beim Baby entspräche das einer Aufrechten Stillposition der Mutter), zappeln sie, sind verunsichert und unruhig. Dreht man sie hingegen auf ihren Bauch sind die Bewegungen der Neugeborenen ruhiger, koordinierter und fast schon zielgerichtet

Weg von komplizierten Anleitungen

Abgesehen davon, dass diese natürlichen, eher nach hinten gelehnten Stillpositionen schlichtweg sehr bequem für frischgebackene Wöchnerinnen sind, haben sie noch einen weiteren Vorteil wegen dessen sie sich so gut für die ersten Wochen und Tage eignen: Sie sind einfach! Als Stillberaterin (vor allem als Stillberaterin die versucht hilfreiche Informationen in Blogartikel und Stilltipp-Videos zu verarbeiten) steht man immer vor der Herausforderung, einen eigentlich einfachen und natürlichen Vorgang in leicht zu verstehende Worte zu verpacken ohne damit wiederum zu verwirrend zu sein. Das ist gar nicht so leicht! Es ist in etwa so schwer, wie jemandem auf schriftliche Weise das Radfahren beizubringen. Diese Analogie nutzt auch Dr.Theresa Nesbitt, die gemeinsam mit meiner Stillberaterinnen Kollegin Nancy Mohrbacher viel zu diesem „Natural Breastfeeding“ veröffentlicht hat. Sie vergleicht diese Art des Stillens in den ersten Tagen und Wochen damit, mit Stützrädern Fahrrad zu fahren. Also quasi ein Erlernen des Stillens und ein gemeinsames Einspielen unter geschützten Bedingungen bzw. mit Hilfestellung. Das Gute daran: Diese Hilfestellung können Dein Baby und Du Euch bei der Herangehensweise des Natural Breastfeeding selbst geben.

Aber warum machen wir uns das Leben beim Stillstart unnötig schwer?

Wenn es denn so einfach sein kann, in den ersten Tagen und entspannt zu stillen, warum sind denn dann die aufrechten Stillpositionen auch am Anfang so weit verbreitet.

Eine Vermutung wäre, dass auch hier das Vorbildlernen greift. Wenn man stillende Mütter sieht, dann sind es häufig Mütter deren Babys bereits etwas älter sind und für die die aufrechten Positionen gut funktionieren. Zusätzlich sind die aufrechten Positionen der Haltung sehr ähnlich die man beim Flaschenfüttern einnehmen würde. Hier schauen sich stillende Mütter vielleicht sogar noch weitere problematischen Dinge ab, wie z.B. die Herangehensweise das Baby nicht Bauch-an-Bauch sondern eher rücklings und mit leicht verdrehtem Kopf zu lagern.

Was also tun?

Den Müttern in meinen Kursen oder in meiner Stillsprechstunde empfehle ich, die eher nach hinten gelehnten Positionen des Natural Breastfeeding auf jeden Fall auszuprobieren.

Mehr Informationen zum Anlegen und ausführlichere Tipps zum Anlegen auf diese Weise findest Du beispielsweise in meinem Mini-Onlinekurs Natürliches Stillen oder in meinem aktuell erschienenen Buch.

 

Bis dahin: Entspannt stillen!

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